31.Mai
OMG OMR! Comment ça va, Cannes? Der Mai rinnt einem durch die Finger, der Juni rast dahin. Erst bin ich mit meinen weißen Sneakern (Modell „The Roger Advantage“) bei den Rockstars in Hamburg durch die Hallen gefedert und jetzt läuft schon die Vorbereitung auf die Löwen in Cannes. Endlich mal wieder cool sein als Werber: An der Croisette am German Beach bei Weischers mit Weißwein und bunten, völlig überteuerten Cocktails den guten alten Zeiten der Werbung hinterherweinen. Mit offenem Leinenhemd und Sonnenbrille sich darüber beschweren, dass die Googles, Metas und Open AIs dieser Welt unsere Kreativität digitalisieren, kleinhäckseln und in endlosen Varianten neu zusammensetzen. Nicht dass das irgendwas fürs Geschäft bringen würde, aber fürs Ego hilfts. Der BWA weniger. So, genug gejammert. Ihr wisst ja: Mein Motto lautet: Yes we Cannes!
Ich wollte Euch nicht im Unklaren lassen, wie es mit uns und meiner Agentur HAUPTGEWINN weitergegangen ist und warum ich Monate später immer noch ein bisschen hinterherhänge. Denn, es ist viel passiert. Den ersten Teil hatte ich schon in den Folgen 16 und 17 geliefert.
Hier kommt der Rest: Rückblick endgültig letzter Teil
November 24 bis heute
Wahrscheinlich habt ihr es euch schon gedacht: Natürlich habe ich den Kickoff-Termin mit Anastasia damals gemacht und selbstverständlich haben wir ihr bei HAUPTGEWINN einen Arbeitsplatz eingerichtet. Aber (Vorsicht Stimmungskiller!) aus Anastasia und mir ist trotzdem nichts geworden. Also kein Paar meine ich. Sie hat mir unmissverständlich und schnell zu verstehen gegeben, dass sie weder was mit meinem Vater hat: „Wie kommst du überhaupt auf so was? Nur weil ich bei ihm wohne und er mich unterstützt hat?“ Noch möchte sie jemals etwas mit mir haben: „Andreas, du bist manchmal ein echt sympathischer Typ, aber mein Mann kämpft gerade an der Front in Charkiv. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich in dieser Situation fremdgehe. Für wen oder was hälst Du mich?“
Ich hab mich natürlich für mein ungeziemliches, testosteron-gesteuertes Verhalten bei ihr entschuldigt. Und im Lauf der Zeit hat sich unser Verhältnis nicht nur entspannt, sondern mittlerweile sind wir ein echt gutes Team bei HAUPTGEWINN. Für den BRUNNBRÄU meines Vaters haben wir nicht nur das komplette Markendesign modernisiert, sondern auch neue Produktvarianten entwickelt, die gut anlaufen: Mehr Bier-Mix-Getränke (der absolute Renner ist das Johannes-Bier, eine Mischung aus Pils und Johannisbeersaft), mehr alkoholfreie Varianten und vor allem eine clevere Marketingstrategie, die klassische Branding-Elemente mit spielerischen Variationen in Social Media verbindet. Wir haben sogar eine regionale Influencer-Base aufgebaut, die #Brunnies: Mit Challenges, Community-Events in Real Life und Special Rewards. Unser Agenturteam hat sich selbst übertroffen. Ich glaube, mein Vater ist zum ersten Mal in seinem Leben etwas stolz auf mich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch erlebe.
Und in der BWA hat der Relaunch des BRUNNBRÄU dafür gesorgt, dass wir schwarz sehen. Glücklicherweise. Aber, der Effekt ist zeitlich begrenzt und einige Kundenverträge laufen im zweiten Quartal aus. Wir müssen also nochmal an das Thema Neugeschäft ran. Und wir müssen uns überlegen, ob unsere Positionierung uns auch über die nächsten drei bis fünf Jahre trägt.
Da gibt es nur ein Problem: zwei Frauen. Maria, meine Co-MD, hat Ende März entbunden. Es ist eine "Josefa" geworden. Mutter und Kind sind wohlauf und die ersten Wochen waren sie ausreichend mit sich selbst beschäftigt. Nur ist Maria natürlich auch Geschäftsfrau mit einem siebten Sinn und immer einem Ohr am Puls der Agentur. Und da ist es ihr nicht verborgen geblieben, dass Anastasia eine tragende und immer wichtigere Rolle bei HAUPTGEWINN spielt. Nicht, dass ich ihr sowas Banales wie Konkurrenzdenken oder Eifersucht unterstellen möchte. Aber ein bisschen geht es schon in die Richtung. Maria will ab sofort „zeitnah“ informiert werden, wenn Anastasia und ich für HAUPTGEWINN wichtige Entscheidungen treffen.
Man nennt mich aber nicht umsonst den „Mann, der die Frauen versteht“. Reden ist wichtig und Frau will unbedingt in die Entscheidungen eingebunden werden! Deshalb habe ich für Ende Juni, wenn ich aus Cannes zurück bin, einen Strategie-Workshop angesetzt: „HAUPTGEWINN 2030“. Mit Maria, Anastasia, Bernd (unserem Berater) und mir.
Apropos Cannes. Keine Ahnung, wie lange es das Werber-Sommerfest noch gibt. Mein Liebling, Mark The Sugarmountain, hat vor kurzem ein Interview gegeben, indem er klar und deutlich gesagt hat, dass Meta künftig die gesamte Wertschöpfungskette der Werbung übernehmen möchte. Die Werbetreibenden übergeben Meta einfach ihre Marketingziele und den Zugriff aufs Firmenkonto. Den Rest übernimmt die KI, bis das gewünschte Ergebnis steht. Raus sind: Medien jeglicher Couleur und natürlich auch Agenturen. Bisschen Schwund ist halt immer bei der Disruption.
Lustigerweise haben die Cannes-Veranstalter für dieses Jahr das Motto „Where creativity drives progress“ gewählt. Wenn sie ehrlicher wären (dann würden sie aber kein Werbefestival veranstalten, bei dem das normale Ticket knapp 4300 € kostet), hätten sie getextet: „Where artificial creativity is called progress“. Aber vielleicht hat ja auch schon die KI das Motto getextet. Eigentlich völlig wurscht.
Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, in Cannes ein Statement zu setzen. Ich werde mir ein Motto-T-Shirt drucken lassen. Aufschrift vorne: F*ck Zuck! Und hinten: Forget agents! Book agencies! Im nächsten Tagebucheintrag sage ich Euch Bescheid, ob ich damit in den Meta Beach am Plage Barrière Le Majestic reingekommen bin. Stay tuned.
Fortsetzung folgt